Archives of American Art: Erste Spuren von Konzeptkunst und Feminismus in Lippards Papieren

Die Archives of American Art (AAA) sind das weltweit führende und am meisten genutzte Forschungszentrum für Bildende Kunst in Amerika. Die Institution widmet sich dem Sammeln, Bewahren und Zugänglichmachen von Primärquellen, die die Geschichte der bildenden Kunst in Amerika der letzten 200 Jahre dokumentieren.

Archives of American Art, 750 9th Street NW, Victor Building, Washington, D.C

Die Archive umfassen damit Dokumente aus der Zeit seit der Gründung der Vereinigten Staaten um 1787. Auch wenn die Zeitgeschichte Amerikas noch jung ist, zeigen sich die Bestände der Archives of American Art sehr umfangreich. Es sind mehr als 20 Millionen Briefe, Tagebücher, Sammelalben, Manuskripte, Finanzunterlagen, Fotos, Filme und audiovisuelle Aufnahmen von Künstler:innen, Händler:innen, Sammler:inen, Kritiker:innen, Wissenschaftler:innen, Museen, Galerien, Verbänden und anderen Persönlichkeiten der Kunstwelt archiviert. Zudem beherbergt das Archiv auch die größte Sammlung mündlicher Überlieferungen (Oral History) zum Thema Kunst überhaupt.

Unter anderem befindet sich der Vorlass von Lucy R. Lippard in Washington DC. Lippard war als Kunstkritikerin, Autorin und Ausstellungsmacherin tätig und als solche äusserst geschätzt. Sie kannte die angesagten Künstler:innen der Zeit und war mit ihnen in regem Kontakt. Sie schrieb Vorworte, Rezensionen und Katalogbeiträge, zudem war sie auch als Gastrednerin an Universitäten oder Kongressen sehr beliebt – dies ist alles in den Originaldokumenten nachzulesen!

Online-Katalog der Archives of American Art: Sammlung Lucy R. Lippard

Bereits im Frühjahr habe ich im Online-Katalog im Vorlass von Lucy R. Lippard die Schachteln herausgesucht, deren Inhalt mich interessieren könnten. Nachdem ich mich registriert und mein Forschungsvorhaben kurz beschrieben habe, konnte ich Schachteln auswählen und zur Sichtung bereitstellen lassen.

Der Vorlass von Lucy R. Lippard umfasst 77 Schachteln! Davon sind 28 Schachteln Korrespondenz, wovon ich nun bereits einige Schachteln eingesehen habe. Dieser Einblick ist für mich denn auch ungemein interessant und inspirierend: Mit wem war Lippard bekannt? Befreundet? Wer schickt ihr Postkarten, Einladungskarten, Briefe?

Lippard war mit gefühlt allen angesagten Künstlerinnen und Künstlern der Zeit in Kontakt: Es gibt Mappen mit Material zu/von Laurie Anderson, Carl André, Ida Applebroog, Hanne Darboven, Agnes Denes (möchte mehr über sie erfahren!), Valie Export, Joseph Kosuth, um nur wenige der bekannteren Namen zu nennen …

Weiter finden sich interessante Hinweise zu Projekten wie A.I.R. Gallery (erste Kunstgalerie für Frauen in den USA, 1972), Chrysalis (Feministisches Journal, 1977), E.A.T. (Experiments in Art and Technology, 1967), Heresies (Feministische Publikation über Kunst & Politik, 1977), in die Lippard in irgend einer Weise involviert war – und über die ich mehr erfahren möchte.

Bisweilen komme ich mir voyeuristisch vor, weil sich Privates und Arbeit in diesen Dokumenten vermischt und unprätentiös offenbart. Die Primärquellen spiegeln sehr eindringlich Lippards Beziehungen in die Kunstwelt, wenn auch nur in Schnipseln, aber doch in grosser Tiefe und Schärfe.

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Autor: K.K.Buhler

Ich bin Karin Karinna Bühler, eine Schweizer Künstlerin und Informationswissenschaftlerin, auf der Suche nach Haltung in unserer patriarchal geprägten Gesellschaft.